MFT und kieferorthopädische Geräte

In der MFT stellt sich vielen KollegInnen immer wieder die Frage, wie beim Einsetzen eines kieferorthopädischen Gerätes weiter vorzugehen ist: Fortsetzung der logopädischen Therapie oder Pause?

Diese Frage lässt sich meiner Meinung nach für alle Geräte, die dauerhaft das Einhalten der physiologischen Zungenruhelage und das adulte Schlucken behindern, pauschal beantworten: Pause!

Das gilt vor allem für festsitzende Geräte am Gaumen, die in der Regel zum Aufweiten des Oberkiefers eingesetzt werden (Gaumennahtexpander = GNE). Nicht nur dass GNEs meist Schmerzen verursachen, sie nehmen der Zunge vor allem den Platz am Gaumen, der für die Zungenruhelage und das Schlucken benötigt wird.

Nach der Behandlung mit dem GNE hat der Patient oft deutlich mehr Platz, die Zunge entspannt ohne Kontakt mit den Zähnen (v.a. lateral) am Gaumen anzulegen. Wenn also der Blick in den Mund des Patienten bereits einen „Platzmangel“ vermuten lässt und bei vorhandenem Kreuzbiss, empfiehlt es sich, das Gespräch mit dem behandelnden Kieferorthopäden zu suchen, um dessen weiteres Vorgehen zu besprechen und möglicherweise die logopädische Therapie auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

Denn es ist für alle Beteiligten ärgerlich, wenn ein bisher erfolgreicher Therapieverlauf durch den Einsatz eines GNE unterbrochen oder gar die Habitualisierung gänzlich neu begonnen werden muss.

Ich plädiere dafür, die logopädische Therapie mit den Zielen adultes Schlucken und physiologische Zungenruhelage erst nach der abgeschlossenen GNE-Behandlung zu beginnen. Fällt in der Diagnostik bereits eine Vielzahl von Habits auf, kann man aber überlegen, ob man zumindest den Abbau dieser Habits in einer Intervalltherapie schon im Vorfeld angeht. Da der Einsatz eines GNE in aller Regel auf wenige Monate begrenzt ist, ist der Beginn der logopädischen Intervention erst nach Abschluss einer solchen Behandlung durchaus vertretbar.

Bekommen Patienten tatsächlich erst nach dem Abschluss der logopädischen Therapie ein GNE eingesetzt, sollten nach dessen Entfernung ein Kontrolltermin und ggf. erneute Therapieeinheiten stattfinden, um sicherzustellen, dass die Habitualisierung des neuen Schluckmusters und der Zungenruhelage nicht gelitten hat. Denn ein GNE fordert aufgrund der räumlichen Gegebenheiten eine Anpassung der Zungenbewegung, die von den eingeübten physiologischen Mustern abweicht.

Bei nicht festsitzenden Apparaturen liegt der Fall schon etwas weniger eindeutig. Hier lässt sich so pauschal keine Entscheidung fällen. Unterschiedliche Geräte schaffen unterschiedliche Probleme und differieren sowohl in der  täglichen Tragedauer (nur nachts / nur tagsüber / wenige Stunden oder den ganzen Tag…) als auch im Zeitraum des Tragens (im Anschluss an die feste Spange einige Monate / in Vorbereitung auf eine Spangenbehandlung / anstelle einer festen Spange / wenige Wochen / mehrere Monate…).

Hier kann man sich am ehesten an den umsetzbaren Therapiezielen orientieren. Bei nur nachts zu tragenden Geräten können sowohl Habits als auch Zungenruhelage und Schlucken angegangen werden. Während des Schlafes findet ohnehin kein bewusstes Halten der Zungenruhelage statt oder wird gar bewusst ein adultes Schluckmuster abgerufen – da regiert nun einmal das Unterbewusstsein.

Werden tagsüber nur für einige Stunden Geräte eingesetzt, was nie bei den Mahlzeiten stattfindet, können sowohl Habits als auch das Schlucken angegangen werden, vermutlich jedoch nicht die Prolongation des Einhaltens der Zungenruhelage.

Bei herausnehmbaren Spangen, die den ganzen Tag nur mit Ausnahme der Mahlzeiten getragen werden müssen, halte ich die logopädische Therapie für nicht sinnvoll. Bestenfalls kann man hier auf die Zungenruhelage eingehen, sofern die in der Mundhöhle befindlichen Teile dies überhaupt zulassen. Oft wird jedoch schon der Mundschluss nicht ohne Anstrengung und evtl. sogar mit Mentalis-Einsatz bewältigt, sodass ich von einer Therapie in diesem Zeitraum absehen würde.

In diesem Zusammenhang werden immer wieder auch Spangen erwähnt, die zusätzliche „Einbauten“ wie bewegliche Perlen haben. Das halte ich nicht für zielführend, denn sobald etwas im Mund ist, dass sich bewegen lässt, wird es auch bewegt (Siehe Zungenpiercings!). Das heißt, dass die Zungenruhelage höchstwahrscheinlich nicht eingenommen wird und damit das wichtigste Therapieziel nicht zu erreichen ist. Auch Spikes oder „Gartenzäune“ sind meiner Meinung nach für unsere Therapie wenig hilfreich.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, mit dem behandelnden Kieferorthopäden im Gespräch zu bleiben und zum Wohle des Patienten die Therapie gut miteinander zu planen.