Am vergangenen Wochenende hatte ich das Vergnügen, selbst eine Fortbildung zu besuchen. Prof. Dr. Stefanie Duchac referierte bei SO!-Seminarorganisation in Bad Heilbrunn über das normale, funktionelle und dysfunktionelle Schlucken. Seit dem Ende meiner Ausbildung habe ich mich damit nicht mehr beschäftigt und Patienten mit Dysphagien nicht behandelt. Jetzt bin ich upgedatet über den normalen Schluckakt bei Gesunden – was also muss wann in welcher Reihenfolge wie wohin und wer innerviert das? Ich habe einen Überblick darüber gewonnen, was die Klinische Schluckuntersuchung erhebt und was wie gemessen werden kann und muss und welche Aussagekraft die erhobenen Werte für die Einschätzung einer Schluckstörung haben. So weit , so interessant.
Was ich aber auch mitgenommen habe, ist, dass sich die Dysphagie damit befasst, wann Schlucken denn tatsächlich normal ist und wann eben nicht. Wann besteht ein Therapiebedarf? Wann wird ein normaler Schluck zu einem funktionellen und wann der funktionelle zu einem dysfunktionellen Schluck? Muss ich schon intervenieren oder kann ich den Patienten ruhigen Gewissens unbehandelt lassen? Für mich überraschenderweise verschieben sich hier auch die Grenzen, dessen was noch normal ist.
„Was ist normal?“ – eine Frage, die sich mir im Zusammenhang mit der MFT auch immer wieder aufdrängt. So werden Prävalenzraten von über 90% bei Myofunktionellen Störungen (Grabowski et.al. 2007) genannt. Das bedeutete im Umkehrschluss, dass nur 10% der untersuchten Kinder normale orofaziale Funktionen zeigen. Aber kann man das dann noch als den Maßstab für normal ansetzen?
Vielleicht gibt es auch hier die Kategorien funktionell und dysfunktionell. Demnach könnte es sich um einen funktionellen Schluck handeln, wenn die vorhandenen Muster zwar von den als physiologisch/normal angenommenen Mustern abweichen, aber keine schädlichen Auswirkungen auf das Gebiss haben. Ein dysfunktioneller Schluck bestünde dann, wenn die vorhandenen Muster schädliche Auswirkungen auf die Anatomie haben, also sich den dysfunktionellen Mustern zuordenbare Entsprechungen im Gebiss finden lassen. Daran müsste dann wiederum der Therapiebedarf festgemacht werden.
Dann stellt sich nur noch die Frage, mit welcher Häufigkeit welcher Schluck zu finden ist. Zahlen gibt es jedoch bisher nur für die Unterscheidung zwischen physiologisch und pathologisch. Da es im Bereich der MFT noch immer keinen standardisierten Test gibt, werden wir darauf wohl noch eine ganze Weile warten müssen.